URBI . Kompetenzmonopol Stadt

satirische Betrachtungen zu urbanen Themen

Modethema Wildpinkeln


Das Thema Wildpinkeln wird in den letzten Tagen stadt- und regionalweit heiss diskutiert. Erste verzweifelte Braunschweiger versuchen vergeblich den "Pinkelführer Braunschweig" bei Amazon zu bestellen. Viele Braunschweigerinnen und Braunschweiger diskutieren mit und haben ihre eigenen Meinungen zu diesem Modethema. Daher hier einige weiterführende Links zum Essay "TOP 5 Pissecken in Braunschweig". 

Ausserdem: danke für die vielen ermutigenden und positiven Rückmeldungen zum genannten Artikel. Das Motto lautet nun: munter bleiben, den Strahl stramm halten, auf den Hosenschlitz achten und nicht müde werden bei der Stadt mehr öffentliche Umsonsttoiletten zu fordern. Ich verweise dabei auf die Pressemitteilung des Ortsvereins Braunschweig der Die P.A.R.T.E.I. (Link siehe unten)  

Pressemitteilung des Ortsvereins der Die P.A.R.T.E.I. Braunschweig zum Thema "Wildpinkeln":

Beitrag von Immo der alles nochmal zusammenfasst:

Beitrag Braunschweiger Zeitung vom 5.5.2010:
http://mobil.newsclick.de/artikel/12181258.xml

TOP 5 Pissecken in Braunschweig

/ von Georg Jahnsen

Die moderne Dienstleistungs- und Servicestadt bietet Befriedigung für vielerlei Wünsche. Man kann sich die Brustwarzen durchstechen lassen, Weihnachtsmänner aus grünem Samt erwerben oder auch einfach nur schön irgendwo was "mit Scharf" essen.

Wie sieht es aber mit den einfachen und doch essentiellen Bedürfnissen aus, die auch den modernen Menschen (noch) plagen: austreten, eine Stange Wasser abstellen, das Rohr entleeren, die innere Flasche belüften...?

Gegen Bezahlung läßt es sich famos pinkeln: für 1 Euro 60 etwa, kann man im Bahnhof Berlin Friedrichstraße gegen eine in sphärischem Blau hinterleuchtete, transluzente Glasscheibe urinieren. Dazu gibt es klassische Musik und Vogelgezwitscher. Auf dem Herrenklo der Kantine vom Strabag Gebäude in der Wiener Donau City öffnet man seine Hose vor einer Glasscheibe, die bis zum Boden reicht, und präsentiert aus dem 13. Stock der Welt sein bestes Stück. Schließlich gilt: "das Auge pisst mit" (Tom). Ein modernes Pinkelraumschiff bietet auf dem Braunschweiger Kohlmarkt Zuflucht für gut betuchte PinklerInnen. Grenzenlose Möglichkeiten also in der Welt des Bezahl-Urinierens.

Doch auch für den komplett leeren Geldbeutel des vom Harndrang Geplagten hat eine gute Stadt was zu bieten: die öffentliche Toilette
Pissecke. Die Stadt Braunschweig zum Beispiel bestreitet den Weg des konsequenten innerstädtischen Überall-Pinkelns in den letzten Jahren eindrucksvoll: die z.T. gusseisernen öffentlichen Toilettenhäuschen wurden schrittweise abgebaut und aus dem Stadtbild entfernt. Die Braunschweigerinnen und Braunschweiger haben verstanden; schnell wurden neue innerstädtische Nischen für die Blasenentleerung gefunden. Damit genießt Braunschweig inzwischen nicht nur unter Insidern als "Stadt der kurzen Pinkelwege" regelrechten Kultstatus.

Da es den "kleinen Braunschweiger Pinkelführer" noch nicht gibt und auch entsprechende Einträge im Falck Plan fehlen, hier eine Auswahl der TOP fünf beliebtesten Braunschweiger Pissecken mit den dazugehörigen Google-Maps Links. (z.B. fürs mobile Internet-/Navigationsgerät). 


TOP 5 Johannes-Selenka-Platz 
Typ: versteckt und doch sicher
Beschreibung: Sechs Heckennischen bieten Sichtschutz und eine gemütliche Laubenatmosphäre v.a. zur nächtlichen Stunde. Die Platzoberfläche aus grobem Kies hat eine gute Versickerungsfähigkeit. Die umliegende Wohnbebauung und die gute Ausleuchtung des restlichen Platzes sorgen für ein positives Sicherheitsempfinden. Hier pinkelt auch die Dame gerne.


TOP 4 Alte Stadtmauer - Prinzenweg Ecke Gieseler 
Typ: szenenah mit historischem Ambiente 
Beschreibung: Die Toiletten im "Merz" sind überfüllt und Du hast Lust auf frische Luft? Dann geh´pinkeln, wo auch Urgroßvaters Großväter schon gepinkelt haben. Gegenüber von Braunschweigs Szene -Clubs und -Kneipen nimmt die Alte Stadtmauer den Ansturm der austretenden Jugend gelassen. Die Kanonenkugeln und Hochwasser der vergangenen Jahrhunderte haben da größere Schäden angerichtet.


TOP 3 Südstraße diverse Hauseingänge 
Typ: szenenah
Beschreibung: Die Nordseite der Braunschweiger Südstraße hat die Top-Lokalitäten zum günstigen Preis für den durstigen Szene-Besucher. Gleich gegenüber findet sich Erleichterung vom Harndrang in zahlreichen unbeleuchteten Hofeinfahrten. Auf sinnfällige Weise überlagern sich in der Straßenmitte die Gerüche von billigem Schnaps mit Urin und geben so dem Quartier eine individuelle Note.



TOP 2 Einkaufszentrum Schlossarkaden 
Typ: zentrumsnah mit historischem Ambiente
Beschreibung: Neben der unbeleuchteten Treppenanlage zum Kulturamt am Ritterbrunnen Platz findet der vom Einkaufsstress und Konsumterror geplagte Mensch Ruhe und Blasenentlastung: der historisch anmutenden und doch top modernen Hightech-Fassade ist die Besprenkelung mit der aggressiven Flüssigkeit zuzumuten. Die beiden Reiter wenden sich dezent ab und Blicken in Richtung Innenstadt. Da kommt sogar der Paruresis-Patient zum Wasserlassen.


Sieger in der Kategorie "Premiumpissecken".




TOP 1 Leopold Straße Ecke Bruchtorwall 
Typ: für Kenner
Beschreibung: In extrovertierter Ecklage gegenüber dem "Tegtmeier" und "Office am Wall" trifft in den Morgenstunden die Braunschweiger Szene beifällig auf die arbeitende Bevölkerung: der schichtübergreifende morgendliche Gruß fällt mit dem Lümmel in der Hand und den Schuhen in der eigenen Urinlache entsprechend locker aus. Der Putz an der Hausecke ist inzwischen buchstäblich "von der Wand gelullert".



Fotos: Immo Junghärtchen  .  Fotoalbum "El Urinal Braunschweig"



Nachtrag 20. April 2010: 
Hier wird lediglich beschrieben, wo oft im Stadtraum gepinkelt wird; das Pinkeln an diesen Stellen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Es wird daher ausdrücklich davon abgeraten, diese Stellen zum Austreten zu nutzen.
Nachtrag 22. April 2010:
Das schöne Pinkelrondell am Theater steht wieder und kann genutzt werden! Danke Braunschweig.
Nachtrag 27.April 2010:
Die Braunschweiger Zeitung bringt einen Artikel zu "Wildpinklern", die in der Innenstadt am vergangenen Wochenende durch einen Ordnungs- und Polizeieinsatz zu Bussgeldern verurteilt wurden. Der Artikel verschweigt die eigentliche Problematik: zu wenig öffentliche Toiletten im Innenstadtbereich.

SUV-ZONE

/ von Georg Jahnsen

Das BXM-Rad machte die Stadt zum Spielplatz für die Coolen. Als zu Beginn der 80er Jahre die Familien scharenweise den Städten den Rücken kehrten (weil "die Kleinen" in der Stadt ja nicht in der Natur spielen können) entdeckten ebenjene den Coolheitsfaktor und die Möglichkeiten der Stadtlandschaft mit ihren Minifahrrädern.
Nun ist die Generation-BMX erwachsen geworden und kurvt in ihren SUVs durch unsere Städte. Bei ihren Vehikeln ist zwar das "X" aus dem Namen gefallen (engl. Kürzel für "cross"), doch stattdessen steht das Motto "x-tausenmal quer" für Kontinuität: Früher waren sie auf die künstlich angelegten BMX-Bahnen oder die irrwitzigen Betonlandschaften der innerstädtischen 80er Jahre Fußgängerzonen angewiesen, die ihnen die geliebten Hindernissparcours boten. Heute können sie ihrer Passion bequem nach der Arbeit vor der eigenen Haustür bei der Suche nach einem Parkplatz nachkommen.

Doch der Spaß wird akut bedroht: Die Akribie und der Ordnungswille der Sicherheitswächter in den Rathäusern will die Stadt clean und glatt. Hell, freundlich, gefahrlos und gut erreichbar wollen es auch die Marketing-Strategen und Quartiersmanager haben, damit der geliebte Einzelhandel nicht leidet. Lockt man so die zahlungskräftige Kundschaft mit den bulligen Spaßautos in die Zentren?


Was wir in unseren Städten brauchen sind analog zu den "30er Zonen" die so genannten "SUV-Zonen":

Die Erneuerung und Instandhaltung der Wege und Straßen erfolgt hier nur noch alle 35 Jahre, und dann auch nur oberflächlich. Vorbild können die Entwicklungs- und Schwellenländer sein. Auf Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung kann komplett verzichtet werden; schließlich hat jeder halbwegs ernstzunehmende Pickup vier Flutlichscheinwerfer am Überrollbügel und eine Bodenfreiheit von mindestens 85 cm. Neue Stellplätze entstehen durch den Wegfall jeglicher Parkierungsregeln - wer nicht an sein Haus kommt macht Gebrauch von der Seilwinde am Bullenfänger.


Überflüssig zu erwähnen, daß dadurch die städtischen Haushalte spürbar entlastet werden. Die Lobbyarbeit wird ein Kinderspiel. ADAC, übernehmen Sie!

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